Worte seiner Verlegerin Monika Berghoff über sein Leben und Werk

Dieter Duhm wurde im Jahre 1942 in Berlin geboren, mitten im Zweiten Weltkrieg. Er erlebte die Gewalt am eigenen Leib, in den Bombennächten in Berlin, auf dem Flüchtlingstreck nach Süddeutschland und dann in seiner neuen Heimat am Bodensee. Er war ein Fremder, gehörte nicht zum Dorf. Er war noch keine 6 Jahre alt, als einheimische Jungs ihn eines Tages packten, nackt auszogen, an einen Laternenpfahl banden und von oben bis unten mit Teer beschmierten. Sie schlugen seinen Kopf gegen eine Steinkante, immer wieder. Er hatte nichts getan, war nur ein „Fremder“. Sie brauchten jemanden, an dem sie ihre ungerichtete Wut, ihre eigene seelische Heimatlosigkeit auslassen konnten. So erhielt er schon früh seinen ersten Unterricht über das Wesen des Faschismus.

Er war etwa 14, als er zum ersten Mal von Konzentrationslagern hörte. Zunächst wehrte er sich mit allen geistigen Waffen, die ihm zur Verfügung standen, versuchte, sich einzureden, dass die Opfer in Wirklichkeit Verbrecher waren oder dass Erwachsene vielleicht nicht so leiden unter dem Schmerz. Dann fing er an, seine Eltern und ihren Bekanntenkreis auszufragen. Er musste ihnen ziemlich auf die Nerven gegangen sein. Seine Hoffnung, etwas Tröstliches, Milderndes, Schmerzlinderndes zu erfahren, zerrann mit zunehmender Recherche. Es gab keine Tröstung. Auschwitz: das war die Wirklichkeit, jedenfalls ein unausrottbarer Teil von ihr.

Ihm blieb eine letzte Hoffnung: das war vielleicht die Wirklichkeit, ist sie aber nicht mehr. Die Hoffnung verging. Jahre später war er einer der führenden Köpfe der Deutschen Linken in der 68er Studentenbewegung. Gemeinsam mit seinem Genossen kämpfte er gegen Imperialismus und Vietnamkrieg. Er sah die Fotos von vietnamesischen Frauen mit abgeschnittenen Brüsten. Er sah die Bilder von Napalmverbrannten. Er wusste, das ist die Kehrseite der abendländischen Moral und Kultur. Dann erlebte er den Mord an einem Menschen, den seine Genossen für einen Spitzel hielten und erkannte eine elementare Grundtatsache des politischen Lebens: die ideologischen Bekenntnisse sind austauschbar, solange die Charakterstrukturen der Menschen dieselben bleiben. Mit anderen Worten: Solange sie als Kinder unter denselben Bedingungen aufwachsen, solange sie in der Pubertät denselben Konflikten ausgesetzt sind, solange sie als Erwachsene in derselben Qual von unerlöster Sexualität und unerfüllter Liebe leben müssen.
„Warum konnte bisher noch keine menschliche Idealgesellschaft verwirklicht werden? Weil der Fehler nicht nur in äußeren Verhältnissen, sondern vor allem in den inneren Strukturen und Denkformen bestand. Man kann aus autoritär geformten Menschen keine freie Gesellschaft aufbauen. Man kann keine gewaltfreie Gesellschaft errichten, wenn die Hass- und Gewaltimpulse im Inneren nur unterdrückt, aber nicht aufgelöst sind. Eine Revolution, die nicht im Inneren stattgefunden hat, kann auch im Äußeren nicht gelingen. Das ist eine Lehre der Geschichte.“
Doch die linke Bewegung nahm diesen Gedanken nicht auf.

Dieter Duhm konnte sich nicht mehr integrieren in die bürgerliche Gesellschaft. Auch mehrere Professurangebote lehnte er ab. Angesichts der globalen Gewalt konnte er nicht zur Tagesordnung übergehen.

Er beschloss, sich auf einen einsamen Bauernhof in Niederbayern zurückzuziehen, um nachzudenken. Das Massaker von My Lai und das Massaker des Zweiten Weltkriegs… woher kommt dieses Kontinuum der Gewalt? Wie war der Holocaust möglich? Wie können sich brave Familienväter über Nacht in KZ-Henker verwandeln? Gibt es eine Möglichkeit, die globale Gewalt wirklich und vollkommen zu beenden?
Seine Eremitage wird zu einer geistigen Zukunftswerkstatt: Er beschäftigt sich mit den unterschiedlichsten geistigen Quellen, mit Nietzsche, Hegel und van Gogh, Rudolf Steiner, Jesus, Lao Tse, Wilhelm Reich, Prentice Mulford, Teilhard de Chardin. Langsam beginnen sich die einzelnen Fragmente des Wissens zusammenzufügen zu einem neuen Gesamtbild, Vorstufe seiner späteren holografischen Überlegungen. Ein neues geistiges Muster formt sich aus Erkenntnissen der Biologie und der Kybernetik, der Psychoanalyse und Mathematik, der Kunst, Geschichte und Theologie. Eine Vision leuchtet auf: Ja, es ist möglich. So könnte Frieden gelingen.

Aus der Vision formuliert er ein politisches Konzept. Es setzt da an, wo Kriege täglich neu entstehen: im Zusammenleben von Menschen, von Mann und Frau, von Kindern und Erwachsenen, Individuen und Gesellschaft, Mensch und Natur. Hier ist eine Veränderung zu schaffen, ein Paradigmenwechsel zu vollziehen. Und zwar nicht nur mit Worten, sondern konkret, in erfahrbarer Lebenspraxis. Er beginnt, die Idee zu verwirklichen, gründet ein erstes Gemeinschaftsexperiment, erleidet Rückschläge, ist gesellschaftlichen Widerständen, Verleumdungen und Anfeindungen ausgesetzt, vertieft, korrigiert, vervollständigt sein Konzept und beginnt von vorn.

Lange Jahre der Arbeit vergehen, ohne äußerlich sichtbaren Erfolg. Doch er hält durch.
Sein Glaube an jenes innere Lebensmuster, welches er in seinen späteren Schriften als „Heilige Matrix“ bezeichnet, wächst. Auch wenn er sich schon früh vom Christentum und allen anderen Religionen abgewendet hatte, war in ihm ein immer lauteres Gebet um Hilfe und Beistand entstanden. Er wusste nicht, zu wem er betete. Es betete sich von selbst. So fand er zu einem Glauben, der auf Anteilnahme, auf Forschung und Erfahrung beruht, nicht auf übernommenen Dogmen. Vor allem aber war es ein Glauben an den Menschen, an seine Fähigkeit zur Wahrheit und seine Kraft zur Erkenntnis.

1995, nach langen Jahren der Vorbereitung, gründet er schließlich zusammen mit seiner Partnerin, der Theologin Sabine Lichtenfels, dem Physiker Charly Rainer Ehrenpreis und anderen das Zentrum Tamera in Portugal, wo Dieter Duhm heute lebt und arbeitet.

Sein größter Wunsch zu seinem 80. Geburtstag ist es, dass der „Plan der Heilungsbiotope“, die Möglichkeit einer globalen Heilung von Mensch und Erde, von ersten Menschen und Gruppen aufgenommen und verwirklicht werden. Möge dieser Wunsch in Erfüllung gehen!